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Ausgabe 02/2016

Werner Steidel: Jurist mit Faible für die Kommunalverwaltung

11.01.2016

Wenn es um sein Hobby Fußball geht, muss der gebürtige Kaiserslauterer derzeit Leidensfähigkeit beweisen - der FCK stellt seine Fans auf eine harte Probe. Im Job läuft es dagegen rund: Werner Steidel ist der Justiziar von Bad Hersfeld und damit ein Mann, der jederzeit Herr des Verfahrens sein muss.

Das Telefon klingelt im zweiten Stock des Fachwerkhauses am Markt 16. „Können wir das so unterschreiben?“ Diese Frage hat Werner Steidel schon hundertfach gehört. Kein Wunder. Von seinem Rat und seiner Expertise hängen oft riesige Summen ab. Der 56-jährige Volljurist ist als Justiziar quasi Rechtsvertreter der Stadt Bad Hersfeld – ein Job, der große Übersicht in vielen Rechtsgebieten verlangt. Denn in einer Kommune von mehr als 30.000 Einwohnern, in der jedes Jahr hunderte von Entscheidungen getroffen werden, die die Bürger unmittelbar betreffen, ist naturgemäß jede Menge Konfliktpotenzial vorhanden. Ist die neue Gebührenordnung für das Oberflächenwasser rechtskonform? Sind die Anliegerbeiträge für die Straßenerneuerung korrekt berechnet worden? Wurden die richtigen Rechtsvorschriften bei der Ausweisung eines Neubaugebiets beachtet? Müssen die Mietverträge der städtischen Immobilien nach einer Änderung im Mietrecht angepasst werden? Sind die Arbeitsverträge der städtischen Mitarbeiter (oder die der Festspiel-Schauspieler) korrekt formuliert?

 

Er ist der „Para-Graf“ von Bad Hersfeld: Werner Steidel an seinem Schreibtisch im Fachwerkgebäude am Markt 16. Hinter dem Juristen verbirgt sich auch ein veritabler Schlagzeuger, der früher in verschiedenen Bands gespielt hat. „Dafür bleibt jetzt leider keine Zeit“, sagt er. „Heute beschäftige ich mich nur noch ‚passiv’ mit Musik!“ Sein zweites Hobby: Fußball. Steidel spielt seit Beginn seiner Tätigkeit in Bad Hersfeld in der Betriebssportmannschaft mit und würde sich über Mannschaftszuwachs sehr freuen.

Der aufgeräumte Schreibtisch täuscht nicht darüber hinweg, dass Werner Steidel ein Vielbeschäftigter ist. „Kein Tag ist wie der andere. Und genau das macht diesen Job so unglaublich vielseitig und spannend“, sagt der Pfälzer, dem man von seinem Dialekt nichts mehr anhört. Seit 1994 ist Steidel Bediensteter der Stadt Bad Hersfeld. Unter Bürgermeister Walter Weiß war er in die Kurstadt gekommen, zunächst als Leiter des Haupt- und Personalamts. Zuvor war er in Gotha tätig gewesen – nach der Wendezeit, als junger Jurist, in einem Team. „Das war unglaublich spannend, weil es echte Aufbauarbeit war. Im Osten war ein neues Rechtssystem eingeführt worden, und vieles, was im Westen selbstverständlich gewesen ist, gab es damals noch gar nicht in den neuen Bundesländern.“

Ein Faible für Kommunalverwaltung

Doch so spannend die Zeit in den neuen Bundesländern auch gewesen ist: Irgendwann gab es dort keine Entwicklungsmöglickeiten mehr für den leidenschaftlichen Juristen, der nach seinem Zweiten Staatsexamen auch noch einen Magister auf der Verwaltungshochschule Speyer erworben hatte.

„Kommunalverwaltung hat mich immer interessiert“, sagt Werner Steidel und lächelt. „Es ist diese enorme Vielseitigkeit, die einen Juristen in einer Verwaltung erwartet“, sagt er. Neben seiner eigentlichen Tätigkeit, in der er juristisch relevante Vorgänge der Stadt bewertet, betreut er auch immer wieder junge Rechtsreferendare, die in Bad Hersfeld den praktischen Teil ihres Jura-Studiums absolvieren und die erste paragraphengeschwängerte Luft außerhalb der Uni schnuppern. „Die wundern sich dann sehr oft darüber, wie facettenreich die Arbeit in einer Kommune ist“, freut sich der städtische Jurist, der gleichzeitig auch Vorsitzender des Anhörungsausschusses ist.

Bei allen seinen „Fällen“ kommt es immer wieder auch zu wahrhaft kuriosen Vorfällen. „Wir hatten in Bad Hersfeld einmal einen älteren Herren, der stets in Paradeuniform auftrat und glaubhaft versicherte, dass er Admiral zur See gewesen sei und als KZ-Überlebender einen Geheimauftrag der USA innehätte. Es hat sich dann herausgestellt, das nichts davon wahr gewesen ist. Aber die Geschichte war sehr unterhaltsam“, erinnert sich Steidel an einen der buntesten Vögel, die er im Laufe seiner beruflichen Karriere in Bad Hersfeld kennen gelernt hatte.
Bereut hat der Jurist weder seine Entscheidung, nach Bad Hersfeld zu kommen, noch seine Berufswahl. „Unsere Gegend ist traumhaft schön, und mein Beruf macht mir auch nach vielen  Jahren noch riesige Freude.“ Das scheint ansteckend zu sein: Werner Steidels Sohn schickt sich an, in die Fußstapfen des Vaters zu treten: Steidel junior studiert ebenfalls Jura.