16.06.2015
Personalentscheidungen der Stadt werden nach § 73 der Hessischen Gemeindordnung (HGO) vom Magistrat getroffen. Er hat bei Einstellungen, Beförderungen oder Entlassungen von städtischem Personal aber den von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Stellenplan oder deren sonstige Richtlinien einzuhalten. Gewichtige und bedeutsame Personalentscheidungen, wie etwa die Besetzung von Führungspositionen, können nach § 70 (2) HGO durch den Magistrat zudem nur im gesamtem Gremium entschieden werden.
In einer Vereinbarung aus dem Jahr 1997 hatte der Magistrat jedoch bei bestimmten, weniger bedeutsamen Angelegenheiten die Personalentscheidung auf den Bürgermeister übertragen. Konkret war z.B. geregelt, dass der Bürgermeister Entscheidungen in niedrigen Besoldungstufen selbstständig treffen kann, er weiterhin zeitlich befristete Arbeitsverträge oder die Gewährung von Sonderurlaub und Teilzeitbeschäftigung in eigener Regie vornehmen kann.
Diesen seit 18 Jahren (!) bestehenden Ausnahmenkatalog des Bürgermeisters hat der Magistrat jetzt in seiner ersten Juni-Sitzung wieder "einkassiert".
"Was auch immer den Magistrat bewogen hat, diese fast zwei Jahrzehnte erprobte Arbeitsweise zu ändern - Bürokratieabbau kann es nicht gewesen sein." kommentierte Bürgermeister Thomas Fehling den Beschluss mit Kopfschütteln.
Der Bürgermeister macht die konkreten Konsequenzen des Beschlusses deutlich: "Ab sofort müssen nun alle Personalentscheidungen, ob eine Platzanweiserin für die Festspiele, eine kurzfristig notwendige Ersatzkraft für den Kindergarten oder jede Reinigungskraft für die Toiletten wieder über den Magistrat laufen."
Es sei zukünftig mit jährlich über 220 solcher zusätzlichen Personalentscheidungen im Magistrat zu rechnen. Da hierbei auch gesetzlich festgelegte Einladungsfristen zu wahren sind, sieht Bürgermeister Fehling erhebliche Probleme in Sachen Flexibilität. "Damit braucht jede noch so geringfügige Personalentscheidung, die sonst von einem auf den anderen Tag geregelt werden konnte, jetzt jedes Mal mindestens ein oder zwei Wochen."
"Wir werden langsamer und wir werden teurer!" Da ist sich der Bürgermeister sicher, egal, ob die nun notwendigen Beschlussvorlagen zusätzliche Kosten von 15.000, 25.000 oder 35.000 Euro im Jahr verursachen, wie im Gremium diskutiert.
Der Magistrat ziehe wieder eine sehr hohe Anzahl von Entscheidungen an sich, "die für die jeweilige Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter natürlich wichtig sind", in der Summe aber für die Stadtverwaltung insgesamt eher geringe finanzielle und strategische Auswirkungen hätten.
Fehling zeigt sich verwundert über den Magistratsbeschluss: "Mir persönlich ist es egal, ob die Entscheidungen durch den Magistrat müssen oder nicht. Alle Verträge laufen ohnehin über meinen Schreibtisch, für mich ist das kein Mehraufwand. Ich wundere mich nur, dass die ehrenamtlichen Stadträte gelegentlich über das hohe Arbeitsvolumen und den damit verbundenen Zeitbedarf klagen und sich dann selbst einen solchen zusätzlichen Aufwand produzieren.
Wir waren in den letzten vier Jahren sehr erfolgreich bei der Verschlankung der Arbeitsabläufe in der Stadtverwaltung. Mit diesem Beschluss will man mich wohl persönlich ein wenig ärgern. Aber der Schuss wird "nach hinten losgehen", mit Mehrkosten für die Stadt und Nachteilen für die Mitarbeiter und Bewerber.
Auf der einen Seite bei den Vereinszuschüssen kürzen und auf der anderen Seite die Bürokratiekosten hochtreiben - dafür kann ich kein Verständnis aufbringen."