09.06.2015
Samstag, 6. Juni 2015. Heute wird es sich zeigen – ist die Planung aufgegangen? Sind sämtliche „Rettungssysteme“ aktiv? Wird der Ablauf funktionieren? Es ist der Tag der Tage im Jahreskreis der Festspiel-Verwaltung. Die Spannung hat sich über Monate hinweg aufgebaut: Mit dem neuen Intendanten Dieter Wedel ist in Bad Hersfeld eine neue Zeit angebrochen. Durch die enorme Öffentlichkeitsarbeit und die große Präsenz des prominenten Theaterleiters hat sich der Blick der Kulturschaffenden in ganz Deutschland auf Bad Hersfeld konzentriert. Im Stiftsbezirk trifft sich alles, was Rang und Namen hat.
Cosma Shiva Hagen nutzt eine freie Minute, um mit Sonja Kirchberger noch einen Moment auf einer Bank in der Sonne Platz zu nehmen. Mathieu Carrière wünscht einen guten Tag und verschwindet schon mal in Richtung Bühne. Kleindarsteller wimmeln umher, holen sich letzte Anweisungen vor dem großen Auftritt, der ersten Premiere des Jahres 2015, von der so viel abhängt. Nur noch wenige Stunden bis die Festspiel-Fanfare zum ersten Mal in diesem Jahr ertönt. Geht das Konzept des prominenten Intendanten auf? Wie werden die Kritiken ausfallen – und: Hält das Wetter? Die Anspannung in dem schönsten Teil der Stadt, die längst wieder diesen „Schwebezustand“ eingenommen hat, ist mit Händen zu greifen.
„Wir“ wird groß geschrieben
Mittendrin: Markus Heide mit seinem Team. Das Handy klingelt. Eine sehr prominente Schauspielerin aus dem Ensemble fragt nach den Karten für ihre Familie, die sich angekündigt hat. Die Tür geht auf – jemand ruft herein, ob wo die Karten für die Ehrengäste x und y liegen. Das Telefon läutet – Anruf aus der Kartenzentrale. Über den Gang fragt jemand wegen eines Sonderwunsches – alles auf einmal, es wirkt wie ein großes Durcheinander. Und das am Premierentag. Dennoch sieht man dem Chef des Bad Hersfelder Festspiel-Vertriebs seine Anspannung nicht an. „Klar ist das jedes Jahr ein ganz besonderer Tag. Vor allem durch die umfangreichen Veränderungen, die unsere neuer Intendant Dieter Wedel eingeführt hat. Aber wir sind in der Festspielverwaltung ein hervorragendes Team, das seit Jahren eingespielt ist. Und wir werden das auch in diesem Jahr hinbekommen!“
Markus Heide vor dem Museumsgebäude im Stift, in dem sich sein Büro befindet
Erneut klingelt das Telefon. Ein Ehrengast hat seine Tickets verlegt. Heide muss schnell reagieren. Nach zwei weiteren Telefonaten ist alles geklärt, und der Chef der Vertriebsabteilung der Festspiele kann der Bad Hersfelderin Entwarnung geben und einen angenehmen Premierenabend wünschen.
Mit diesem Druck, der an einem solchen Tag entsteht, muss das gesamte Festspiel-Team umgehen können. „Das sind natürlich keine ,normalen’ Arbeitstage“, sagt Markus Heide. „In solchen Situationen muss sich ein Team beweisen. Wer hier arbeitet, ist grundsätzlich bereit zu Mehrarbeit – das wäre anders ja auch gar nicht möglich.“
Mit seiner Mannschaft ist Markus Heide zuständig für den Vertrieb der städtischen Produkte – zu deutsch: Es geht neben den Festspielkarten auch um die Tickets für das städtische Theaterabonnement und vieles mehr, das Gäste und Einheimische an Waren oder Dienstleistungen von der Stadt Bad Hersfeld erwerben können. Fünf festangestellte Mitarbeiter und weitere fünf Saisonkräfte sorgen in Heides Team für den reibungslosen Ablauf rund um die begehrten Festspiel-Tickets.
Der Chef der Vertriebsabteilung weiß ganz genau, dass ohne eine gute Mannschaftsleistung nichts funktionieren würde. Mit im Bild: Bärbel Hebebrand (l.) und Birgit Goßmann, die zur Festspieleröffnung „Großkampftag“ hatten
„Das, was wir hier tun, ist ausschließlich als Teamleistung zu schaffen“, sagt Heide. „Da muss jeder mitziehen, und die Schnittstellen müssen einfach funktionieren.“ Eine echte Herausforderung: Allein vier umfangreiche Listen müssen miteinander koordiniert werden, damit keiner der geladenen Ehrengäste am Abend ohne Ticket oder ohne Sitzplatz bleibt – denn das wäre eine Katastrophe.
Denn so prominent der Intendant auch ist, und so gut die Stücke sein mögen: Wenn hochrangige Ehrengäste eine weite Reise nach Bad Hersfeld auf sich nehmen und dann unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren müssten, wäre das der schlimmste anzunehmende Unfall. „Die Festspiele sind DAS Aushängeschild unserer Stadt. Durch die intensive Pressearbeit und das bundesweit riesige Interesse, das mit dem Team um Dieter Wedel einhergeht, ist der Druck auf alle, die an den Festspielen beteiligt sind, natürlich noch einmal enorm gestiegen“, sagt Markus Heide. „Wenn da etwas schiefgeht, dann wäre das ein enormer Imageschaden für unsere Stadt!“
Keine Berührungsängste
Sein Büro hat Markus Heide im Museumsgebäude im Stiftsbezirk. Dort ist die gesamte Festspielverwaltung dicht an dicht mit der Intendanz und den Schauspielern. Berührungsängste mit der großen Prominenz darf man nicht haben, wenn man diesen Job machen will – bereits seit 1993 ist Markus Heide im Dienst der Stadt Bad Hersfeld. Jörg Saam, hochverehrter ehemaliger Chef der Festspiel-Verwaltung, hatte Heide seinerzeit in die Kartenzentrale geholt.
Danach kam das Controlling dazu – „Damit macht man natürlich einen großen Spagat, weil die Interessen der Künstler und der Stadtverwaltung im finanziellen Bereich nicht immer deckungsgleich sind“, sagt Heide und schmunzelt. 2002 wurde sein Aufgabengebiet um den Ticket-Service erweitert. Mittlerweile kümmert sich das städtische Ticketing auch um weitere städtische Veranstaltungen und trägt dafür die Verantwortung.
„Es ist eine tolle Mannschaft“, sagt Markus Heide und erzählt, wie um das zu beweisen, von einer Zusatzveranstaltung, die man „mal eben in der größten Vorbereitungshektik mitgemacht hat“: Ein Konzert von Uli Meiß, für das an nur einem Tag Eintrittskarten im Wert von 50.000 Euro verkauft wurden. Die Saison, so sagt er, geht bis zum letzten Tag. Erst dann kann die Bilanz gemacht werden: Wie viele Tickets sind verkauft worden, wie ist die Quote.
Über die Zahl der Tickets, die im Vorverkauf über den Tisch gingen, hält sich Heide bedeckt. Nicht aber, ohne eine Andeutung: „Wir hatten einen außergewöhnlich erfolgreichen Mai“, sagt der leidenschaftliche Festspiel-Fan, der inzwischen nach Reinhold Schott der Zweitdienstälteste der gesamten Festspielverwaltung ist. Und mit der Vorbereitung der kommenden Saison geht es dann schon wieder im September los – aber bis dahin ist es noch Zeit. Eine ganze Saison lang...