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Ausgabe 45/2018

Dr. Tanja Roth – Sammeln ist ihre Leidenschaft

06.11.2018

Sie steht auf dem Foto inmitten der Rollregalanlage im Keller des städtischen Gebäudes Am Markt 1. Ein nur scheinbar öder Ort. Denn hier befindet sich quasi das Langzeitgedächtnis von Bad Hersfeld: Das Louis-Demme-Stadtarchiv. Dr. Tanja Roth leitet diesen historischen Schatz seit Juni 2017. Millionen von Blättern sind in diesen Rollregalen vielleicht nicht schön, aber platzsparend untergebracht: Urkunden und Dokumente aus 500 Jahren Stadtgeschichte. Die älteste Urkunde stammt aus dem Jahr 1307, die jüngsten Dokumente aus dem Jahr 2009.

Keine städtische Akte darf vernichtet werden, ohne dass sie vorher durch Dr. Tanja Roths Hände gegangen ist, die darüber entscheidet, ob diese „archivwürdig“ ist. So ist gewährleistet, dass der Stadt keine Dokumente verloren gehen, die vielleicht in Zukunft noch einmal von Interesse sein könnten. Mittlerweile sind es nicht mehr allein Unmengen von Papier, die gesichtet und gegebenenfalls archiviert werden müssen, sondern auch digitale Dateien, z.B. Fotos. Dieses digitale Magazin einzurichten, ist eine der vielfältigen Aufgaben von Dr. Tanja Roth.

Auf ihrer Planungsliste steht auch, irgendwann einmal die enormen Mengen an Fotos zu digitalisieren. Dazu fehlen derzeit die technischen Voraussetzungen. Und natürlich die personellen Kapazitäten. Erstmals seit 1979 verfügt Bad Hersfeld mit Frau Dr. Roth wieder über eine hauptamtliche Leitung des kommunalen Archivs. Trotz des bemerkenswerten Engagements ehrenamtlicher Mitarbeiter ist für die Archivarin eine enorme Menge zur Aufarbeitung geblieben. Der Blick ist dabei keineswegs nur in die Vergangenheit gerichtet: „Wie kann man digitale Dateien so sichern, dass sie auch in 100 Jahren noch lesbar sind“, ist eine der vielen Fragen, die Frau Dr. Roth beschäftigen.

Eine noch größere Sorge, die sie umtreibt, betrifft den Standort. Ein Archiv stellt besondere Anforderungen an seine Umgebung: Raumklima und Gebäudestatik müssen stimmen: Die Statik, denn die enormen Mengen an Papier haben ein immenses Gewicht, und das Klima, das trocken – aber nicht zu trocken – sein muss, damit die Papiere und Fotos keinen Schaden nehmen; außerdem muss Schutz vor Wasserschäden geboten sein. Nicht zuletzt platzt das Archiv aus allen Nähten. Die Standortfrage um das Louis-Demme-Archiv ist nicht neu, mögliche Alternativen werden diskutiert. Frau Dr. Roth hofft sehr auf eine baldige Lösung. Auch wenn sie selbst den wenig attraktiven Arbeitsplatz im Keller erduldet: Ihre „Schätze“ tun dies langfristig nicht.

Tanja Roth ist eben mit ganzer Leidenschaft dabei. Die Berufswahl stand für sie seit einem Studienpraktikum im Archiv der Stadt Offenbach – nahe ihres Heimatortes Mühlheim-Lämmerspiel – fest. In Frankfurt hat sie Geschichte und Germanistik studiert, in Kassel 2016 promoviert. Anschließend war sie für ein Jahr im Archiv in Kassel als Projektmitarbeiterin beschäftigt, bis die Stellenausschreibung als Stadtarchivarin sie nach Bad Hersfeld führte.

Inzwischen ist Frau Dr. Roth in der neuen Heimat richtig angekommen: Zusammen mit ihrem Lebensgefährten ist sie gerade nach Bad Hersfeld gezogen und freut sich schon darauf, die waldhessische Region auf Wanderungen zu erkunden. Aber erst einmal wartet auch zuhause noch viel Arbeit: „Noch sind nicht alle Kartons ausgepackt“. Aber die Kakteen haben ihr Winterquartier im Keller der neuen Wohnung schon bezogen. Rund 200 stachelige Gesellen umfasst die Sammlung. Im Sommer dürfen sie dann wieder raus auf den Balkon. Hier ist die Standortfrage jedenfalls geklärt.